We Are The Music Makers, We Are The Dreamers Of The Dreams
Favorites Revisited mit Cpt. Cracker

Skater sagen, was sie hören… Wir sagen, was wir darüber denken

01: Oddisee – „The Gold Is Mine“
Wir denken: Natürlich hat der Kapitän ein Anrecht auf das meiste Gold, aber dieser DC-Rapper Oddisee hier, schön den Nineties-Spirit im Gepäck, ist eigentlich nichts gegen diejenige Odyssee, die Christian Roth durch die Welt der Fotografie, des Skateboarding, durch den Mob-Sumpf von Gießen und Umgebung usw., also durch die Welt ganz allgemein im letzten Vierteljahrhundert seines ja irgendwie schon recht langen Lebens hingelegt hat. Erwartet hätten wir eher was von Mobb Deep, von seinem Namensvetter David Lee, von irgendeinem Henry (Rollins?) oder von Skinny Norris oder natürlich von Spoon, aber was will man machen: Der stetige Aktualitätsdrang verdrängt schon mal das ewig Gute und lässt alles Jüngere glänzen wie Gold, und das sei einem alten Haudegen wie Mr. Cracker natürlich auch gegönnt. Das Gold ist also seins. (PS: Cracker made me write this).

02: Josh Ottum – „Who Left The Lights On“
Wir denken: Jesus, den hatten wir gar nicht auf dem Schirm, aber wer kennt auch schon Tapete Records in Glattspachtelzeiten wie diesen? Ob das Lichtlein beim Josh auch heute noch brennt, ist gar nicht klar, wahrscheinlich ist’s ein persönlicher Buddy um zwei Ecken, bekannt vielleicht mit Leuten aus jener Zeit, als Monsieur Cracker noch Videoclips machte für so Deutschrap-Gedöns aus HH-City (Bo, Dynamite, Fettes B. & Co.), wobei das wohl noch früher war, kurz nach dem Zwischenfall in Hollywood, als er es als „that German Hilfskraft“ am Set zu „Being John Malkovich“ immerhin geschafft hat, sich am Esstisch neben Cameron Diaz nicht ganz daneben zu benehmen. Zurück in Gießen ging’s dann ja auch schon los mit dem Mob – was den Captain ja quasi zum deutschen Spike Jonze macht, wenn man es genau nimmt: Fotografiert, filmt, skatet, gründet Firma… you know the deal. Aber lief nicht bei den Spoon-Partys damals immer so Curtis-Mayfield-Sound?

03: Owen – „The Sad Waltzes of Pietro Crespi“
Wir denken: Statt „Steady Mobbin’“ also Kuschelfolk-Pop, der sich wie eine Schulter zum Anlehnen anfühlt: Wie der Abspann eines versöhnenden Kinofilms, auf den wir insgeheim noch warten von Mr. Roth, die Story schön wirr und verwegen und auf überraschende Gelegenheiten abgestimmt, wie sein eigener Lebenslauf, dazu eine Extraschippe Entropie und Ungewissheit wie beim Institute of Sociometry, so etwas in der Art also. Aber vielleicht war der Hollywood-Abturn einfach zu krass, wer weiß, oder die Location Hollywood damals einfach zu „normal“: Schließlich lässt dieser Captain hier ja auch eher andere Fotografen ihre schillernden Vernissage-Nächte in London, Paris, New York oder sonst wo feiern, er hingegen bricht lieber nach Heilbronn auf stattdessen – Vutucs Mama hat schließlich den Kuchen im Käthchen-Kaff schon bereitgestellt! Aber warum auch nicht: Die Gelegenheit war da – und „Voll Bock“ hatte er natürlich auch!

04: Ike & Tina Turner – „Game Of Love“
Wir denken: Sein eigenes „Game of Love“ hat ja schon vor Jahren Nachwuchs hervorgebracht, der sich mit den Herren Maske und Sanchez den allerbesten Vornamen teilt, und dem kann er dann ja vielleicht Großvaters Erbe (diese Kamera, die inzwischen gecrackte) irgendwann einmal weitervererben. So gesehen ist man also doch nicht nur monogam „married to the Mob“, sondern auch so „married“ mit rund 17 Jahren gemeinsamer Vita, nur was sagt der Nachwuchs denn wohl eigentlich zu den eigenen Plattenreleases von damals? Hüstel? „Mopedland“ anyone? Das Cover dieser Scheibe, das wissen wir aus eigener Erfahrung, gefällt auf jeden Fall auch der Generation unter zwei, und unter zwei war der heutige Ü-40er auch, als die alte Frisurenlöwin Tina mit Ike diese Nummer hier aufgenommen hat. Unglaublich viel ist passiert seither in dieser „wahnwitzigen Biografie“ – die Yoyos kamen und gingen, die Armbänder vom Klaus, die Zeit als „The German“ in Cali mitsamt Klapperschlange, die Filme von Hal Hartley, die Zeit als Wohnzimmer-Cousteau, ein Vorreiter von „A Life Aquatic“… ganz zu schweigen von rund 25.000 Negativen, die sich inzwischen angehäuft haben müssten. Skateboard und Kamera, zwei ewige Begleiter, wobei Skateboard: Was seine aktuellen „Game of SKATE“-Skills angeht bzw. wie es darum heutzutage steht, verschweigen wir an dieser Stelle einfach mal, würde ich sagen. Aber sein anderes Board is’ ja auch ein Cruiser…

05: JJ Doom – „Rhymin’ Slang“
Wir denken: Zum Schluss noch ein wenig zeitgenössischer Alt-Hop, und zwar vom immer todsicheren Doom, zusammen mit dem immer unterschätzten Jneiro Jarel, gute Männer, und Doom hat Mr. Mob ja auch schon fotografiert (wie übrigens auch Prince Paul, den hätten wir natürlich auch gerne hier gesehen). Während wir die Akte Gießen mitsamt dem analogen E-Klo also so langsam wieder schließen, noch ein Wunsch an den harten Hund: Wie wär’s denn mal wieder mit einem musikalischen Projekt, vielleicht aus dem noch undefinierten Freak-Wave-Genre? Als Albumtitel, wenn’s doch eher in Richtung Rap geht, vielleicht „Stadt Lahn II“? Featuring Top Dog? Ben Wes als gut frisierter Gast an den Wheels aus Stahl? Würde sich bestimmt gut verkaufen, besonders mit den Connections, schließlich fehlt zum Ehrendoktorat an der FH Dortmund sicherlich nicht viel (und die Connections zu den Bars in der Stadt stimmen doch sicher auch noch?), und überhaupt: vielleicht sollte man die Sache mit dem „Schuld war nur die mp3“ einfach noch mal im Feldversuch widerlegen. Was wir sagen wollen: Wir glauben an dich, Cracker! Gründe dein eigenes Mopedland! Automatisiere deine Kontrollverluste! Keep mobbin’, steady mobbin’!

Foto: Carlotta Rakete
Text: Renko Heuer