READY TO GO

Als Mark Nickels erstmalig im Frühjahr den Namen Yoshi Tanenbaum erwähnt, kommt es mir vor, als hätte ich diesen irgendwo schon mal gehört. Hatte ich auch, schließlich hatte der Bursche bereits mehrere Clips auf The Berrics zum Besten gegeben. Doch es war wohl gar nicht mal so sehr sein Können auf dem Board oder sein außergewöhnliches Repertoire, sondern vielmehr sein Nachname, an den man sich, wenn einmal gehört, mit Leichtigkeit erinnern kann. Wie dem auch sei, jedenfalls erzählte Mark, dass Yoshi diesen Sommer für ein paar Wochen nach Berlin kommen würde und ob wir nicht was mit ihm machen wollen. Wie immer habe ich gesagt, dass wir natürlich erst mal schauen müssen, was bei ihm so geht. Nun, nachdem Yoshi durch Berlin und München marschiert ist, wir viel zusammen erlebt haben und sämtliche Bilder hier auf der Festplatte liegen, ist es mir ein großes Vergnügen, sein Interview abzutippen (obwohl es der nervigste Teil der Redaktionsarbeit ist). Aber Yoshi ist nicht nur ein verdammt gutes Skatekid mit einem einprägsamen Nachnamen, sondern er hat selbst mit seinen 17 jungen Jahren bereits richtig was zu erzählen.

By Benni Markstein feat. Mark Nickels
Pics: Burny


BS Kickflip

Hi Yoshi, wir sitzen hier einen Tag vor deinem Rückflug in die Staaten zusammen, und es ist eine Menge passiert. Doch lass uns noch viel früher anfangen: Du wurdest in Israel geboren, richtig?
Ja, genau, ich wurde in Jerusalem geboren und habe dort die ersten zehn Jahre gelebt.

Wie war es dort, wie können wir uns das vorstellen?
Es war auf jeden Fall wild und verrückt. Die Probleme der verschiedenen Kulturen, zwischen Arabern, Muslimen und Palästinensern sind allgegenwärtig. Du musst es dir wie ein Dreieck vorstellen, in dem jeder in seiner Ecke sitzt und Krieg herrscht.

Das hast du als kleiner Junge alles schon so mitbekommen?
Auf jeden Fall, das ist dort der Alltag, in dem du aufwächst. Sie bringen es dir bereits in der Schule bei, und mein Vater war bei der „Special Arms Force“, er war Ausbilder beim Militär. Er hat mir und meinem Bruder immer alles erklärt, was im Klartext bedeutete: Wenn die Araber dich stressen wollen, darfst du das nicht zulassen, sondern musst dich wehren. Es ist ziemlich hardcore dort. Mein Vater ist mal in einen Terroranschlag geraten, was letztendlich auch den Ausschlag gegeben hat, von dort wegzuziehen.

Ein Terroranschlag?
Ja, es passierte im jüdischen Viertel mitten in Jerusalem. Es kamen auf einmal Araber mit Gürteln und Messer, die anfingen auf die Leute einzuprügeln. Das Traurige dabei war, dass auch Soldaten mit Gewehren anwesend waren, doch am Sabbat ist es ihnen nicht erlaubt, diese zu benutzen. Auf jeden Fall hat mein Dad sich nichts gefallen lassen und hat zurückgekämpft, bevor er ein Messer in den Kopf gerammt bekommen hat. Er hat es sofort raus gezogen und sich den Typen komplett vorgeknöpft. Dabei hat er einen zweiten Messerstich in die Schulter abbekommen, doch er hat immer weiter gekämpft. Er hat vier oder fünf Typen kaltgemacht, bevor sie weggelaufen sind.

Nosebluntslide

Mark: Wie sehr hat dich das alles in deiner Entwicklung als Kind und Jugendlicher und deinen Blick auf die Welt beeinflusst?
Alles, was dort passiert ist, haben mein Bruder und ich bei unserem Umzug nach Amerika mitgenommen. Wir dachten, es sei dort genauso, also immer wenn wir Araber gesehen haben, dachten wir, wir müssen uns beschützen und die Jungs fertigmachen. Es sind eben die „Feinde“. Es hat ein paar Monate gedauert, und auch die Lehrer mussten uns viel erklären, bis wir endlich verstanden hatten, dass es kein Problem gibt. Wir wurden auch schon mal von der Schule verwiesen, nachdem wir zwei muslimische Russen-Kids vermöbelt hatten. Das war in der allerersten Woche auf der Schule. Aber es war für uns halt Normalität, so war es eben in Israel; in den Neunzigern und Anfang der Nuller-Jahre hat jeder für dieses kleines Stück Land gekämpft und jeder war davon überzeugt, dass es ihm gehören würde – und dazu kam noch der Krieg mit dem Irak. Ich erinnere mich noch an die Sirenen und die Raketen in der Luft, die der Irak nach Israel geschickt hat. Es war beinahe Normalität, in der Schule gab es eben keinen Feuer- sondern Raketenalarm. Das war recht beängstigend, aber es war Standard. Im Kindergarten gab es sogar Gasmasken, die bunt bemalt waren, um freundlicher auszusehen.

Und dann haben deine Eltern entschieden, nach Amerika umzuziehen?
Ja, das war der Plan, es wurde einfach alles zu krass, und ein Teil unserer Familie hat bereits in den Staaten gelebt. Dort sollten wir ein besseres Leben haben. Zu diesem Zeitpunkt haben sich meine Eltern allerdings geschieden, meine Mum kommt aus einer streng christlichen Familie, sie ist Südafrikanerin, und mein Dad ist jüdischer Amerikaner. Mum ist nach Israel gegangen, um zum Judentum zu konvertieren; dort haben sie sich dann kennen gelernt. Als wir eigentlich nach Amerika ziehen wollten, haben sie sich meine Eltern hart gestritten. Wir Kids dachten, wir würden in die USA fliegen, doch meine Mum hat uns mit nach Südafrika genommen. Das war so gesehen eigentlich Kidnapping. Eine ziemlich ätzende Situation war das, und am Ende sind wir für drei Jahre in Südafrika geblieben, bevor wir dann nach Washington gezogen sind.

Und dort hast du dich zu einem ziemlich guten Geschäftsmann entwickelt, richtig?
Haha, ja, das stimmt. Aber bevor das passiert ist, hat meine Mum uns in die jüdische Privatschule geschickt, was sehr teuer ist und eigentlich für Kids gedacht, die später mal Rabbi werden wollen. Das war aber alles gar nicht unser Ding, und so sind wir ab der sechsten Klasse auf eine reguläre Schule gegangen. Ich ging in so eine ghettomäßige middle school, und alle haben irgendwas wie Kaugummis oder so verkauft. Ich dachte mir, verdammt, ich bin alt genug, um meine eigene Kohle zu verdienen. Mein Bruder hatte eines Tages die Idee und hat einen 12er-Träger Cola-Dosen mit in die Schule genommen. Er hat die für jeweils einen Dollar verkauft, und es lief ziemlich gut. Irgendwann hatte er aber keinen Bock mehr, die Dosen zu schleppen, also habe ich das Family-Business übernommen. Ich habe mir einen Rucksack organisiert, in den 35 Dosen gepasst haben. Die Leute haben mich ziemlich schräg angeschaut für das Riesenteil, in dem ja nicht mal Bücher waren. Und als ich auf die Highschool gekommen bin, kam der Durchbruch: Viel mehr Kids, die Cola wollten, und so habe ich ca. 650 Dollar pro Monat Profit mit Cokes gemacht, dafür dass ich nur 20 Minuten jeden Tag in die Schule gegangen bin. Ich bin noch nicht mal mehr in die Klasse gegangen, ich kam einfach zur Frühstückspause mit meinem kleinen Moped, hab’s angeschlossen, bin rüber gegangen in meine kleine Ecke, die jeder kannte und habe verkauft: „Coca-Cola, Mountain Dew, Dr. Pepper, ice-cold, what you want? Ready to go!“ Plötzlich gab es andere Kids, die auf einmal auch Sodas verkauft haben, doch mein Bruder hat das dann geregelt und ihnen gesagt, dass er sie fertigmacht, wenn sie nicht aufhören. Es war eben ernst zu nehmendes Coke-Business, haha.

Ollie in, Biggerspinflip out

Mark: Bist du denn eigentlich religiös?
Ich würde sagen, ich habe meinen eigenen Glauben. Das meiste von dem, was in der Bibel steht, ist meiner Meinung nach Bullshit. Ich glaube an die Kultur und dass Menschen in ihren Religionen verbündet sein sollen. Ich habe die Thora oft gelesen, als ich noch in die private jüdische Schule ging.

Wie sieht denn momentan ein normaler Tag für dich in Washington aus?
Ich habe gerade die Schule beendet und jetzt ist erst mal Sommer. Ich jobbe in unserem Skateshop und gebe auch Skate-Unterricht. Ich möchte ein bisschen Geld sparen und mir dann ein neues Auto kaufen, außerdem filmen gehen und hoffentlich noch mehr reisen.

Willst du nicht studieren?
Nein, ich habe zwar an Online-Studiengänge gedacht, aber mal sehen. Erst mal noch nicht. Ich möchte erst mal etwas Geld verdienen und glücklich sein.

Bigspin Heelflip

Du wurdest ja bereits öfters bei The Berrics gefeatured. Wie ist es dazu gekommen?
Jedes Jahr gibt es den „Bang Yourself“-Contest, und mein Filmer Laurence hat mich dazu animiert, teilzunehmen. Ich dachte niemals daran zu gewinnen, immerhin können Leute aus der ganzen Welt daran teilnehmen. Wir haben also einen 45-Sekunden-Clip eingereicht und einige Zeit später bekam ich einen Anruf und hatte das Ding gewonnen. Sie haben mich nach Kalifornien geflogen und dort habe ich dann den „Bangin’“-Clip gefilmt.

Kennen dich die Leute dadurch mittlerweile in Kalifornien?
Da gibt’s schon Unterschiede; an der East Coast kennen mich die Leute, würde ich sagen. In Colorado haben mich auch Leute erkannt und mich mit meinem Namen angesprochen. Ich denke, das hat aber auch damit zu tun, dass man sich meinen Namen gut merken kann.

Die nächste Frage geht an Mark: Wie bist du auf Yoshi aufmerksam geworden?
Mark: Durch meine Freunde in Washington. Sie haben mir immer wieder von ihm erzählt und meinten, ich müsse mir dieses Kid unbedingt mal anschauen. Die Szene in DC ist ziemlich eng beieinander und jeder kennt jeden. Ich hatte bereits einige Clips von ihm gesehen und irgendwann kommt halt der Punkt, an dem ein junger Skater seine Chance braucht. Es war der perfekte Zeitpunkt, und wegen all der Aktionen, die wir mit Nike in Deutschland während der XGames gemacht haben, war es einfach an der Zeit, Yoshi rüber zu holen.

Bist du also das erste Mal in Europa, Yoshi?
Ja, das erste Mal zum Skaten auf jeden Fall.

Dein Name ist ja tatsächlich sehr leicht zu merken; du weißt natürlich, was er im Deutschen bedeutet?
Ja klar, Tannenbaum. Der Name ist aber nicht deutsch, sondern jiddisch, also deutsch-jüdisch und stammt aus der Bibel.

Hast du dich als Jude in Berlin mit der ganzen Geschichte beschäftigt und auseinandergesetzt?
Ich habe bereits im Vorfeld und auch in der Schule sehr viel über die Geschichte erfahren und gelernt. Ich finde es faszinierend, und es interessiert mich sehr. Ich war sehr gespannt, nach Berlin zu kommen, es ist einfach ein so toller Ort mit so viel Geschichte. Ich weiß natürlich, dass der Rassismus und Antisemitismus, die Mauer und all das vor langer Zeit passiert sind. Also warum sollte ich nicht kommen? Es gibt keinen Grund, sich zu verstecken. Mark und ich haben das Holocaust-Mahnmal besichtigt, es ist ein krasser Ort, mein Herz hat zu Klopfen angefangen, das sind unsere Leute.

Wie genau hast du dich dabei gefühlt?
Ich glaube, ich war sehr glücklich dort zu sein und es zu sehen, aber auf der anderen Seite auch… ich weiß nicht genau. Es war ein intensives Gefühl, ich wusste nicht genau, was ich denken sollte. Auch in Washington gibt es ein Holocaust-Museum, in dem ich gewesen bin, aber hier zu sein, wo alles tatsächlich passiert ist, ist noch mal eine ganz andere Nummer. Es ist schwer, das zu begreifen. Ich habe mich eher gefragt, wie ich es geschafft habe, hierher zu kommen und dachte nur: „Fuck, dieses Skateboard hat mich an diesen Ort gebracht.“ Das ist verrückt, so viel Geschichte, keine Ahnung, was ich noch alles gedacht habe.

Sind eigentlich Menschen aus deiner Familie durch den Holocaust zu Schaden gekommen?
Ja, ich habe Urgroßeltern, die in den Holocaust geraten sind, als sie jung waren. Ich glaube meine Uroma war acht Jahre alt, als es passierte. Es hat wohl jeder jemanden in der Familie, der den Holocaust zu spüren bekommen hat. Aber meine Uroma starb vor ungefähr zehn Jahren, also konnte ich nichts mehr von ihr in Erfahrung bringen, und somit weiß ich auch nicht, was ihr genau passiert ist. Aber ich habe trotzdem viel darüber gelernt. Es ist etwas, das in der Vergangenheit passiert ist und ich bin niemandem böse, es ist Geschichte.

Das heißt: du bist den Deutschen nicht böse. Stimmt es dich trotzdem traurig?
Es ist traurig, dass es in der damaligen Zeit passiert ist, aber wir befinden uns in einer neuen Welt, in einer neuen Ära. Wenn wir die Vergangenheit wieder aufleben lassen, wiederholt sich die Geschichte. Es ist passiert, wir müssen nach vorne schauen. Wir haben schließlich auch Scheiße gebaut, die Deutschen genauso… was auch immer. Wir haben weitergemacht und unsere Lektion daraus gelernt. Manchmal muss es eben in der Welt so laufen, um zusammenzuwachsen. Das ist zwar noch nicht passiert, aber wir sind auf dem Weg.

Crooks Pop over

Welche Nationalität besitzt du eigentlich?
Israelisch, dort bin ich geboren und dort habe ich bisher am längsten gelebt. Aber ich habe mehrere Pässe.

Du hast die israelische Fahne auf der Schulter tätowiert, was bedeutet dir das?
Ich will nicht vergessen, wo ich herkomme. Ich habe noch ein zweites, und beide bedeuten mir sehr viel. Es werden auch erst mal die einzigen Tattoos bleiben. Ich mag es auch nicht, wenn Leute sich irgendwelchen nichtssagenden Kram stechen lassen, Kermit den Frosch auf den Arm oder so, haha. Ich wusste, dass ich irgendwann ein Tattoo haben wollte, obwohl es gegen meine Religion ist. Man sagt, wenn du tätowiert bist, kannst du nicht auf einem jüdischen Friedhof beerdigt werden. Aber wie bereits gesagt, ich glaube nicht an alles, was sie sagen. Und jedes Mal, wenn ich mein Tattoo sehe, bringt es Erinnerungen zurück; es hat definitiv eine hohe Bedeutung für mich.

Mark hat von dir dieses krasse Bild im Mahnmal gemacht. Was sagt das Bild aus?
Eigentlich hat es keine große Bedeutung; ich denke, das soll jeder für sich entscheiden. Du siehst das jüdische Kid, das auf seine Kultur blickt. Frag dich einfach selbst, was denkt dieser Junge wohl? Offensichtlich ist es sein Blut und da man sein Gesicht nicht sieht, gibt es einen großen Spielraum, seine eigenen Interpretationen dafür zu finden. Was geht durch seinen Kopf, was denkt er wohl gerade? Wir sind dort eher zufällig vorbeigekommen, und ich hatte die spontane Idee, das Foto zu machen. Am Ende ist es wesentlich stärker geworden, als ich es mir vorgestellt hatte. Ich bin gespannt, was die Skateszene dazu sagt. Ehrlich gesagt, ich war nicht sauer oder so. Aber es hat sich ähnlich angefühlt, als würde man das Grab seiner Großmutter besuchen.

Ich habe noch nie einen in Israel geborenen Juden getroffen, der auch noch gut Skateboard fahren kann. Ich finde das interessant…
Die Juden sind in der Geschichte schon so oft verfolgt worden, sind aus Ägypten rausgeflogen, usw. Vielleicht ist es etwas, das die jüdische Gemeinschaft braucht. Es gibt sehr viele strenggläubige Juden, aber ich finde die Message oft falsch. Sie sprechen nur über die Bibel, die Thora, was viele Menschen verunsichert. Aber wenn du dich über die Realität unterhältst und andere Dinge, zu denen man auch Bezug hat, dann versteht man die Leute besser. Und das ist das Coole am Skateboarding: Es ist keine Religion, sondern alle Kulturen kommen zusammen. Ich würde niemals ein muslimisches Kid auf einem Skateboard anmachen, sondern wir würden zusammen skaten. Also ich würde ihn eh nicht anmachen, aber Skateboarding stellt sämtliche Religionen außer Frage.

Ich glaube eh nicht an Gott.
Ich glaube daran, dass man ein guter Mensch sein muss, das Leben genießen und die richtigen Dinge tun sollte. Du sollst niemanden verletzen und das tun, was du tun musst. Dann wird alles gut.

Karma.
Karma, ganz genau. Ich denke, du musst nicht an irgendwas „Höheres“ glauben, auch wenn dort vielleicht irgendwas ist. Es gibt bestimmt keinen Grund für uns, in die Hölle zu müssen.

Mark: Wie sieht’s aus mit deinen Erfahrungen in Deutschland, gibt es etwas, mit dem du nicht gerechnet hättest?
Als Mark mich vor ein paar Monaten angehauen hat, dass ich nach Deutschland kommen sollte, war ich voll überrascht. Ich hätte nie damit gerechnet, mal wegen Skateboarding nach Deutschland zu kommen. Ich wusste, dass ich eines Tages kommen würde, aber hatte mir keine Gedanken darüber gemacht. Und dann ging alles ganz schnell, dass ich noch nicht mal Zeit dafür gefunden habe, alles zu begreifen.

Du warst jetzt drei Wochen in Berlin und München. Wie war es für dich?
Mir fehlen fast die Worte, es ist großartig. Deutschland ist so ein außergewöhnlicher Ort, so viele coole Leute, alle sind so freundlich. Die Skateszene hält zusammen, und wenn man wirklich für etwas arbeitet, kannst du es möglich machen. In Amerika ist es zu keiner Zeit garantiert, dass du für deine Mühen auch belohnt wirst. Hier hast du außerdem immer Leute, die dir helfen. Es ist unglaublich, besonders mit der ganzen Geschichte. Es ist irgendwie surreal, dass du neben der Mauer skaten gehen kannst. Ich habe sogar noch alte Einschusslöcher gesehen und bin echt gestoked, wie viel noch in dem alten Zustand belassen und bisher nicht erneuert wurde. Es ist krass, wie viel Geschichte hier bewahrt wird. Es kommt mir vor, als würden Israel und New York zusammengeworfen.

Nach all deinen Erfahrungen, kommen wir noch mal auf dein Skating zu sprechen. Es scheint, als hättest du selbst die härtesten Tricks „on lock“. Wie kommt’s?
Ich denke, das hat mit dem Muskelgedächtnis zu tun. Ich habe früher viel Wrestling gemacht, und mein Dad war ein Martial-Arts-Fighter. Er wollte immer, dass mein Bruder und ich zu 100% unser Bestes geben, also haben wir hart trainiert. Ich habe sieben Jahre Wrestling gemacht und an vielen Wettbewerben teilgenommen. Ich mag es sehr, wie körperlich und mental der Sport ist und habe diese Aspekte auf mein Skateboarding übertragen. Wenn ich einen Trick lerne, dann nicht aus Spaß, sondern ich will den dann können. Einen Kickflip habe ich tausendmal am Tag gemacht, um den Trick abzuspeichern. Oder ich habe ein Flatrail gebaut und vor meinem Haus den ganzen Tag nur Grinds geübt. Ich gehe nicht skaten, sondern trainieren. Im Wrestling habe ich dreimal die State Championships gewonnen, habe aber dann viel mehr Möglichkeiten im Skateboarding für mich entdeckt.

BS 360 Ollie Kickflip

Und nun hast du den BS 360 Ollie Kickflip am Baustellen-Doubleset gemacht. Das ist ziemlich hart…
Ja schon, aber die Sache ist, dass ich den Trick an jedem Spot kann.

Das ist aber nicht „jeder Spot“…
Ja, stimmt, da ist schon echt ein harter Spot. Ich weiß noch, bevor ich nach Berlin gekommen bin und mir Clips auf YouTube angeschaut habe. Als ich das Kulturforum sah, dachte ich, dass es der unglaublichste Spot ist, den ich je gesehen habe. Aber ich dachte auch, dass ich niemals dort sein würde. Das ist wie das ultimative Schlaraffenland für Skateboarder.

Und der Trick kam dann im 12. Versuch…
Elf Versuche zu viel!

Das ist aber etwas sehr ambitioniert! Aber hat sich bestimmt gut angefühlt, oder?
Ja, Mann, als ich weitergefahren bin, habe ich es erst gar nicht gecheckt. „Warte mal: falle ich gerade hin oder fahre ich hier den Downhill runter? Was ist passiert, ich habe den Trick gemacht!“ Ich bin gestoked, dass ich den geschafft habe, auf jeden Fall. Als ich das Doubleset auf YouTube sah, dachte ich mir, ich könnte einen Lazerflip machen, aber der war schon „abd“.

Was sind deine Pläne für die Zukunft? Willst du Skateboard-Karriere machen?
Momentan läuft’s ganz gut, ich habe mittlerweile gute Sponsoren, die mich gut unterstützen. Ich kann gerade damit Geld verdienen und so werde ich versuchen, so lange zu skaten, wie es körperlich möglich ist. Danach würde ich vielleicht auch gerne in der Skate-Industry arbeiten, meine eigene kleine Company starten, ein paar Kids unterstützen, mal sehen, was die Zukunft bringt. Ich würde auch gerne bei der Street League Select Series starten und den Leuten zeigen, dass ich Nyjahs Serie beenden kann, haha… irgendjemand muss es ja tun!

Alles klar, und wann schneiden wir dir endlich die Haare?
Beim Wrestling hatte ich früher immer einen kurzgeschorenen Kopf, aber damit sehe ich aus wie ein jüdischer Nazi. Ich würde sagen, ansonsten halt dann, wenn Mark mich zum Friseur schleppt. Aber morgen geht’s zurück. Fuck, ich würde gerne noch hierbleiben, dieser Ort ist einfach zu unglaublich.

Yoshi fährt für Nike SB, Stereo Skateboards, Pig Wheels, Palace 5 Skateshop, Paradox Griptape, Royal Trucks und Jiberish Clothing.