Wenn du im deutschsprachigen Raum angefangen hast Skateboard zu fahren, wirst du sicherlich schon einmal ein Video, gefilmt und geschnitten, von Gerrit Piechowski gesehen haben. Neben der Verantwortung für jeglichen Video Content von TPDG Supplies, realisiert Gerrit auch gerne mal seine eigenen Projekte, des Öfteren auch in Zusammenarbeit mit den Jungs von Piratelove. Der sympathische Münsteraner wird in einigen Wochen seine neue Internetpräsenz online stellen und wir bekommen einen kleinen Vorgeschmack samt Video, wie das ganze aussehen könnte und worum es geht.
Hallo Gerrit, du bist mal wieder in Berlin. Wird es nicht mal langsam Zeit, dass du dir eine Wohnung in der Hauptstadt suchst?
Irgendwann kommt die Zeit in der Berlin und ich uns einig werden und ich in die Hauptstadt ziehe, aber im Moment bin ich viel zu busy mit meiner Freundin zusammen ein schönes Zuhause in Münster aufzubauen. Nach sieben Jahren WG-Leben habe ich einfach Bock auf eine Wohnung in der es richtig fresh ist. Mit einer schönen Küche, die nicht jeden Tag mit Bierflaschen voll steht, einem vernünftigen Büro und einem Balkon. Klar, sowas gibt es in Berlin auch, aber bei meinem Job ist es eigentlich egal, wo ich wohne solange ich einen Bahnhof in der Nähe und eine ordentliche Internetverbindung habe. Ich bin viel unterwegs und verbringe viel Zeit on the road, aber wenn ich mal zuhause bin brauche ich Ruhe und die hat man hier in Münster. Ich bin innerhalb von dreieinhalb Stunden in Berlin, in zwei Stunden in Hamburg bei den TPDGs. Eigentlich ist meine Heimat das Innere vom ICE, haha. We will see, wir sprechen uns in zwei,drei Jahren nochmal, wer weiß!?
Lass uns über dein neustes Projekt sprechen. Was genau hast du vor?
Ich bin gerade dabei meine neue Homepage aufzubauen. Früher hat das ziemlich gut funktioniert mit chillfootage.de, deshalb dachte ich mir, dass ich das in der Art und Weise mal wieder etwas auffrischen sollte. Es wird einen Youtube Channel geben, in dem ich Reviews von Produkten und Tutorials im Bereich Skateboard-Videographie mache. Ich hab festgestellt, dass es sowas noch nicht gibt und möchte mein Wissen gerne an junge Filmer weiter geben, da ich über die Jahre unzählige Anfragen zu meinen Videos bekommen habe á la „Wie machst du deine Farbkorrekturen?“ oder „Welche Plug-Ins sind die besten für Adobe Premiere?“ usw. Ich weiß noch nicht, wie man sich das genau vorstellen soll, letztendlich bin ich nicht umsonst ausschließlich hinter der Kamera aktiv. Meine eigene Stimme zu hören beim Schnitt ist schon seltsam, aber daran kann man sich gewöhnen und ich hoffe es wird von der Skateboard-Community gut angenommen. Momentan ist meine Website noch im Aufbau, aber so gut wie fertig und dann hagelt es Produktreviews und How-Tos.
Es wird Reviews zu Produkten geben, die nicht viel kosten und nicht viel Platz wegnehmen, aber auch zu dem BeSteady One Gimbal, welches ich gerade noch teste. Letztendlich kommt es nicht darauf an, was man für ein Equipment hat, solange man es gut einsetzt und auch das ist eine Botschaft, die ich rüberbringen möchte. In Berlin habe ich mit einer kleinen Kompaktkamera gefilmt, die in die Jackentasche passt und dabei kamen ein paar wirklich schöne Bilder raus, ohne viel Aufwand und ohne Unmengen an Geld zu investieren.
Welche Kamera war dein Testobjekt und wie hat es funktioniert?
Gefilmt habe ich mit der Canon EOS M, einer spiegellosen Kompaktkamera für etwa 150€, die jedoch vom Chip / Sensor die gleichen Fähigkeiten besitzt, wie eine Canon 650D, welche 4-Mal so viel kostet. Man muss sich die Kamera von der Größe wie ein Smartphone vorstellen, mit Touchscreen, jedoch mit dem Unterschied Objektive, dass man Mikrofone, externe Bildschirme, etc. daran montieren kann. Normalerweise, wenn ich auf Tour bin, schleppe ich zwei Trollies Equipment mit mir rum. Man hört auf spontan zu sein und Dinge einzufangen, die auf dem Weg zum Spot passieren etc., was für einen Clip aber oft sehr wichtig ist. Das klappt einfach am besten, wenn man immer ready-to-shoot ist.
Was würdest du einem Einsteiger gerne mit auf den Weg geben?
Ich glaube viele Neueinsteiger orientieren sich viel zu sehr an den Standard-Skateclips, in denen größtenteils mit Fisheye gefilmt wird. Je größer und teurer die Kamera, desto besser scheint letztendlich das finale Ergebnis zu sein, aber so ist es einfach nicht. Bis zu einem bestimmten Punkt ist es eigentlich egal was man für eine Kamera benutzt, solange man es schafft gewisse Emotionen in einem Clip zu transportieren. Im besten Fall bringt man jemanden dazu Bock auf skaten zu kriegen, das ist mir eigentlich immer am wichtigsten gewesen. Alte Transworld Videos gucken, ganz wichtig!
Lohnt sich eine Karriere als Skateboard-Filmer?
Mal mehr mal weniger. Ich mache das jetzt seit über 10 Jahren und kann meine Miete zahlen. Der größte Nachteil daran Skateboard-Filmer zu sein ist, dass man manchmal nach Hause kommt und einfach überhaupt keinen Bock mehr hat, Skateboarding zu sehen. Wenn es dein Job ist verliert man schnell die Lust selber aufs Board zu steigen, oder einfach aus Spaß einen Clip zu filmen und nicht, weil ein Auftraggeber es von dir verlangt. Oft vergesse ich dieses Feuer, das ich als Kiddie hatte wenn ich gefilmt habe. Nach Hause zu kommen und bis 3 Uhr morgens Kassetten mit wertvollem Videomaterial auf den Computer zu überspielen, ich konnte es kaum abwarten alles auf dem Fernseher zu sehen und bis ins kleinste Detail zu analysieren. Heute ist das anders. Wenn man dann aber am Arsch der Welt ist und eine gute Zeit mit einer guten Truppe hat und dafür auch noch entlohnt wird, freut man sich einfach den Weg als Skateboard-Filmer eingeschlagen zu haben.
Es hat lange gedauert, bis ich wirklich davon leben konnte und ich schaue mich auch außerhalb von Skateboarding nach Jobs um, um etwas Abstand davon zu gewinnen, mache viele Eventdokumentationen, hier und da mal einen Imageclip. Die Skateindustrie ist wirklich undankbar, wenn es um die Bezahlung von Filmern geht und es gibt wirklich wenige Leute / Firmen da draußen, die wissen wie wichtig ein gut produziertes Video für einen Brand ist und wie sehr es einen Brand formen kann. Zu Beginn meiner Zeit als Freelancer wollte man mir für meine Arbeit einfach nur Stuff geben, aber so funktioniert das nicht. Ich musste lange kämpfen, bis ich meine Kunden davon überzeugen konnte, mir Summe X zu bezahlen. In anderen Bereichen ist es selbstverständlich einem Dienstleister wie mir mein Honorar zu bezahlen. Manchmal denke ich mir, dass ich viel zu nett zu Skateboarding war, wenn ich für 2 Wochen Arbeit 300€ bekomme. Es ist und bleibt eine Hass-Liebe, wie bei fast allen Jobs!
Wer sind deine Vorbilder? Zu wem hast du früher aufgeschaut?
Jason Hernandez, Greg Hunt, Jon Holland, French Fred sind aufjeden Fall Namen, die mir Anhieb einfallen. Auch heute noch meine größten Vorbilder!
Schon mal mit der RED gearbeitet?
Nein, ich hatte die Kamera auf einem Seminar mal in der Hand und habe ein bisschen damit rumgespielt, aber wirklich gearbeitet habe ich damit noch nicht. Wenn ich mir dann die ersten RED-Direct Clips auf Berrics angucke, bereue ich es nie Lotto gespielt zu haben. Für ein komplettes RED-Setup kann man ganz schnell mal 50.000€ ausgeben. Deshalb bleibe ich erstmal bei meinem DSLR-Setup.
Wie sieht ein gewöhnlicher Tag in deinem Leben aus?
Aufwachen, Emails checken, diverse Youtube Kanäle angucken, Emails beantworten, Telefonieren, Konzepte schreiben, Fahrrad fahren. Die Frage könnte man aber auch streichen, nen wirklich gewöhnlichen Tag gibt es bei mir irgendwie nicht, sorry!
Was schätzt du besonders an Münster und was sollte sich ändern?
Am meisten schätze ich die Ruhe. Münster ist schön und bietet mir alles, was ich brauche. Wenn ich mal feiern gehe, was extrem selten passiert seitdem ich selbstständig bin, kann man das hier sehr gut. Wenn ich Natur brauche fahre ich zehn Minuten mit dem Fahrrad. Eine richtige Skateboardszene gibt es hier eigentlich kaum noch, die meisten Homies haben einen festen Job und damit ihren Alltag. Oft vermisse ich die Zeit, in der man uns als Szene in Münster wirklich noch respektiert und gehört hat. Aber die Zeiten ändern sich. Ich bin und bleibe Skateboarder, egal ob es mich manchmal ankotzt oder nicht, ohne Skateboarding wäre ich nicht der Mensch, der ich heute bin. Und wenn mich die Lust packt mal ein paar No Complies im Skatepark zu machen, frage ich einfach Till zu Dohna oder Hillie. Ich bin sogar ganz froh, dass wir Skateboarding nicht mehr so ernst nehmen, Sponsor-Me-Tapes oder Full-Parts filmen, das mache ich oft genug mit anderen Leuten. Mit meinen Freunden skate ich just for fun, da muss niemand zugucken!
Du bist verantwortlichen für TPDG’s medialen Video-Output, wie kam es dazu?
Danny Sommerfeld hat mich zu TPDGs Anfangszeiten gefragt, ob ich Bock hätte deren Videos zu schneiden. Naja, seitdem mache ich das! Ich kann genau das umsetzen, worauf ich Bock habe, man vertraut mir zu 100%, ich kann mich kreativ austoben und das Feedback ist super und ich versuche das deutsche Skateboarder-Image mit den TPDG Clips zu verändern. Ich liebe Schwarz/Weiß, Korn, Ecken und Kanten, TPDG hat Ecken und Kanten, Charakter und Style.
Wann sehen wir dich wieder in Berlin?
Zur Sommer Bright? Hände schütteln und versuchen neue Aufträge an Land zu ziehen. Und natürlich hab ich meine kleine Kamera wieder dabei. Ich freu mich!
Fotos und Interview: Daniel Pannemann