Inspiriert von Helge Tscharns „Crossprocessed“-Arbeit, begab sich Friedjof Feye in die Heimatstädte unserer Legenden des deutschen Skateboardings. Zunächst einmal soll die Technik ein wenig erläutert werden, denn heutzutage könnte man doch fast meinen, dass der Look der Scans womöglich dem Instagram-Filter „Valencia“ geschuldet sei. Viel komplizierter: Geschossen wurden die Bilder auf abgelaufenen Fuji Sensia 400 oder Provia 400 Dia-Filmen und anschließend im wiederum normalen C41-Verfahren entwickelt. Man spricht von der Umkehrentwicklung eines Farbnegativfilms, wobei das Filmmaterial in seinem gegenteiligen Entwicklungsprozess entwickelt wird.
Passend zur relativ alten Technik und dem längst vergessenen Farbtrend, konnte Friedjof einige unserer immer noch sehr trendigen und aktiven Skateboard-„Großväter“ vor die Linse bekommen, die dann noch einmal an ihrem Heimat-Spot performen mussten. Intern konnten wir nach dem Eintreffen der Fotos in der Redaktion auch einige Highlights der Jungs Revue passieren lassen, zum Beispiel Oliver Tielsch SW Flip Backtail am Wassertorplatz, welcher auch heute noch ein absoluter Curtain Closer wäre.
Wann warst du zum ersten Mal an dem Spot?
1989, würde ich tippen.
Wie hat sich Skateboarding in deiner Heimatstadt (deiner persönlichen Skateboard-Heimat) verändert?
Der Spot wurde vor einigen Jahren umgebaut und hat dadurch viel Potential verloren. Ende der Achtziger gab es – passend zum damaligen Skate-Style – diverse Jumpramps; in den Neunzigern und frühen Nullerjahren skateten wir die Stufen, Fahrradständer, Mülltonnen und verschiedenen Holzbänke und Rails. Die Rails und vor allem die Holzbänke gibt es nicht mehr.
Vor allem sie konnte man immer wieder neu arrangieren, umgeklappt als Flatrail skaten, drüber springen und so weiter; es gab diverse selbstgebaute Picknicktische (sogar einen nach den eigenhändig von Stefan Lehnert übermittelten original Lockwood-Maßen!). Ab und an wurden Platten hochgehebelt und zu Love-Park-esken Bumps präpariert und so weiter… schön war’s! Seit dem Umbau des Platzes hat sich dessen Grundfläche enorm verkleinert. Auch die Atmosphäre ist eine andere, da einige Bäume und Büsche samt dem darin liegenden traditionellen Chill-Spot der neuen Straßenführung weichen mussten.
Geskatet wird am Rathaus trotzdem noch reichlich, jedoch wünsche ich mir inzwischen – bei jedem Heimatbesuch ein bisschen mehr – einen anständigen Skatepark für Göttingen, und es ist mir ein Rätsel, warum sich in dieser Richtung rein gar nichts bewegt…!
Wo siehst du deutsches Skateboarding im europäischen Vergleich?
Sehr schwierige Frage. Manchmal denke ich, dass die guten Skater hier nicht so zur Geltung kommen wie anderswo oder vielleicht auch zu wenig aus sich machen… mag aber auch subjektive Wahrnehmung sein. Abgesehen davon, ist das ein Thema, dass sich schwer in zwei Sätzen abhandeln lässt!
Nur so viel: Am Skaten hat mich schon immer die besondere Magie begeistert, das Unerwartete, der plötzliche Funke. Weniger die auswendig gelernten Extrem-Stunts vom Fließband; nichts Erzwungenes, nichts Aufgesetztes. Ob all das in Deutschland zu kurz kommt oder anderswo mehr Beachtung bekommt, kann ich nicht beurteilen.
Wer sind deine deutschen „Lieblingsskater“, damals und heute?
Früher: Auf jeden Fall Jan Waage. Später setzte Mehmet Aydins Monster-Interview einen Meilenstein. Mit Lennie zusammen zu skaten war immer Inspiration. Stefan Lehnerts „Farewell“-Interview hat mich gestoked.
Heute: Michi Mackrodt neigt zwar zur Hektik und kann auch kein Tischtennis spielen, aber seine Line-Choreos lassen Detlef D! Soost sicher vor Neid erblassen, und Hasenheide-Sessions mit ihm sind eine Offenbarung! Bänke-Sessions mit Christopher Schübel werden nie langweilig. Über den MK1-Part von Hannes Schilling hab ich mich gefreut sowie über jede zufällige Session mit ihm. Pop und Power von Jungs wie Louis Taubert und diesem Daniel Pannemann faszinieren mich immer wieder – was braucht man mehr…?
Deine persönliche „Golden Era“ der gesamten Karriere?
1996: Mouse! Welcome to Hell! Eastern Exposure 3! FTC Penal Code 101A!
Skateboarding: „real“ (wenn man diesen ziemlich inflationären Begriff gebrauchen darf) und in der „Nische“.
Und: Rathaus at its best!
Wie lange wird man noch mit dir rechnen können?
Och, so lange Skateboarding Spaß macht. Noch kein Ende in Sicht.